Bed & Breakfast

Mit dem Bed & Breakfast in Berwick habe ich gestern eine sehr gute Wahl getroffen. Die Betreiber Lynn & Steve des Alannah House haben B&B zu ihrem Hobby gemacht. Sie sind super freundlich und hilfsbereit und alles ist sehr hübsch eingerichtet. Ausser mir sind noch Wanderer untergebracht, mit denen ich mich angeregt über Wanderstrecken, Radtouren etc. unterhalte.

Lynn erklärt mir, warum Buchungen über die grossen Internet Portale für sie keine Option ist: Ihre Pension ist immer gut durch einzelne Wanderer, Radfahrer und kleine Radreiseanbieter die sie kennen ausgebucht. Hohe Vermittlungsgebühren (15%) und den offenbar regelmässigen Ärger mit Doppelbelegungen kann sie sich so sparen.

Obwohl ich diesmal einige Übernachtungen notgedrungen über Internetportale gebucht habe (und dabei mehrfach bzgl. mit/ohne Frühstück übers Ohr gehauen wurde…), fühle ich mich durch ihre Argumente in meiner Strategie bestätigt, Portale nach Möglichkeit zu meiden. Meine altmodische Methode geht im Moment so: Ich fahre in einen hinreichend grossen Ort, frage ein oder zwei Leute auf der Strasse nach einem Tip für ein B&B und suche dann nach entsprechenden Schildern. Länger als 30 Minuten dauert dieses Verfahren im Normalfall nicht. Wenn dann doch nichts geht … dann gibt es immer noch ein Internetportal.

Etwa eine Stunde nach Abfahrt überquere ich heute die Grenze zu Schottland. Eine mühselige Kletterei bei Regen, Gegenwind und schlechten Schotterstrassen schliesst sich an. Gegen Mittag kommt die Sonne durch, die Anstiege werden weniger, nur der Gegenwind nimmt noch etwas zu. Landschaftliche Höhepunkte im Vergleich zu den letzten Tagen gibt es nicht. Ich bin froh, als ich Edinburgh nach einer zähen Fahrt endlich erreiche und freue mich auf den morgigen Ruhetag.

Die „Thursdays Group“

Die Fahrt von Newcastle bis Berwick führt über grosse Teile direkt an der Küste entlang. Lange Strecken führen durch Dünen oder über Grasland oberhalb der Klippen und sind nur einfach befestigt. Auch wenn es etwas wellig ist, die vielen Anstiege wie an den Vortagen gibt es heute nicht mehr. Der Wind hat auf Süd-West gedreht und unterstützt mich bei der Fahrt.

Auf einer Dünen-Strecke treffe ich die „Thursdays Group“: Männer meines Alters (+) machen eine mehrtägige Ausfahrt auf Mountainbikes – mit Begleitfahrzeug und vorgebuchter Übernachtung. Wir fahren ein paar Kilometer zusammen, unterhalten uns und passieren einige Gruppen „Birdwatcher“, die mit gewaltigen Teleobjektiven und Ferngläsern in der Landschaft stehen.

Zur Teepause gegen 15Uhr gehe ich in Alnmouth in ein  „Teehaus“. Etwas exotisch komme ich mir vor, weil ich scheinbar der einzige Gast ohne Hund bin. Erst kurz bevor ich wieder aufbreche kommt auch die „Thursdays Group“ herein und ich bin nicht mehr allein unter all den Hundefreunden.

Die Möglichkeit einen „Pott of Tea“ zu bestellen und diesen nach erster Leerung nochmal mit heissem Wasser aufgiessen zu lassen, kommt mir sehr entgegen. Ohnehin bin ich kein Freund der verfeinerten Kaffeekultur und immer noch nicht in der Lage Milchkaffee von „Latte“ im Geschmack zu unterscheiden.

Heute erlebe ich England ganz von der sympathischen Seite. Die Widrigkeiten der ersten Tage in England liegen hinter mir. Landschaft schön, Leute nett, wenig Autoverkehr, gutes Wetter – alles gut!

Wind aus Nordost

Die Strecke heute teilt sich wieder in die drei Streckentypen auf: Stadt, alte Eisenbahntrasse und Küstenstrasse.

Nördlich von Middlesbrough gibt es zwischen den ehemaligen Eisenbahndämmen etwas Schutz vor dem kräftigen und kalten Nordostwind.

Später auf der Küstenstrasse zwischen Sunderland und Newcastle fehlt der Schutz vor dem Wind. Dafür bietet der Blick auf die Brandung der Nordsee Entschädigung. Angesichts der Gewalt der sich brechenden Wellen muss ich an „Southern Cross“ denken. Obwohl ich weiss, dass das Boot vergleichbare  Bedingungen bereits beherrscht hat: heute würde ich nicht freiwillig mit „Southern Cross“ auf das offene Wasser hinausfahren.

Bei meinem Fahrrad entschuldige ich mich für die heutige ruppige Behandlung. Das schwer beladene Rad erträgt zu spät erkannte tiefe Schlaglöcher, Schlammdurchfahrten und jede Menge Glasscherben ohne Schaden.

Mit Erreichen von Newcastle ist meine Anreise für die Schottlandtour abgeschlossen. Für den Rückweg plane ich von hier aus mit der Fähre nach Amsterdam zurückzufahren.

Yorkshire

Schon nach der ersten Stunde mache ich in Scarborough eine erste längere Pause und freue mich an dem Anblick der Felsenklippen, der Brandung und dem Strand.

Die weitere Strecke auf dem R1 führt entlang einer ehemaligen Bahntrasse. Das hat den Vorteil, dass die Strecke landschaftlich sehr schön liegt und die Steigungen gleichmässig moderat bleiben. Leider ist hier der Weg in sehr schlechtem Zustand. Ich freue mich darauf, wenn die Bahnstrecke Braunschweig-Uelzen in einen schönen Radweg umgewidmet wird.

Bei aller Schönheit der Landschaft – radfahrtechnisch ist die Strecke heute eine Herausforderung (schlechte Strassen/Wege, nicht mehr fahrbare Steigungen, kräftiger Wind aus Nord-Ost) und ich bin froh als ich nach 80km und 1400 Höhenmetern ein „Bed&Breakfast“ finde.

Eigenartige Beschilderung

Es regnet heute weniger, dafür ist es kälter geworden. Bis zur Humber-Bridge kurz vor Hull geht es zügig voran. Nach der Mittagspause geht es zu dem schönen Ort Beverley. Ich gehe über den Wochenmarkt, finde ein beeindruckendes „Bicycle Cafe“ und habe wieder Freude am Radfahren. Auf den letzten Kilometern vor der Küste muss ich mir zu meiner Überraschung noch ein paar hundert Höhenmeter erarbeiten, bevor ich das Ziel Hunmanby erreiche.

Über manche Beschilderungen an der Strasse wundere ich mich, manche Beschilderungen empfinde ich als Belästigung. Nur wenige Schilder zeigen etwas Relevantes, was nicht schon aus dem Kontext erkennbar wäre. Ich schlussfolger, dass es neben dem Sprechhandeln und dem Schreibhandeln auch ein „Beschilderungshandeln“ geben muss. Die Absichten des „Beschilderungshandelns“ scheinen häufiger mal verschleiert zu werden.