In Tongue habe ich in einem Hostel übernachtet. Die Hostel sind vergleichbar zu unseren Jugendherbergen. Jugendliche habe ich aber in den Hostels ausser in Aberdeen (eine deutsche Schulklasse) noch nicht angetroffen. Dafür aber begegne ich etlichen Rentnern, die wandernd oder mit dem Rad oder Motorrad unterwegs sind.
Nicht immer gelingt es mir ein Einzelzimmer zu bekommen. In Tongue teilen sich vier ältere Herren ein Dormatry, davon kommen zwei aus Deutschland (BMW aus Osnabrück, Fahrrad aus Gifhorn) und zwei aus UK. Ich werde flexibler hinsichtlich meiner Komfortansprüche.
Die Strecke durch Sutherland – etwa die ersten 40km – ist traumhaft schön. Die kurvenreiche einspurige Strasse führt zwischen den Bergen (“Ben Loyal”) an verschiedenen Seen vorbei.
In der ersten Stunde kommen mir in Abständen die neusten Sport- und Supersportwagen entgegen. Viele schöne Autos aus dem Konzern, aber auch Autos von Lotus und Ferrari. Der Lambo nimmt die gesamte Strassenbreite ein und es ist offensichtlich, dass es eine eher frustrierende Erfahrung ist, das Auto auf diesem Kurs zu bewegen.
So deplatziert diese Autos technisch und atmosphärisch in dieser Umgebung einerseits sind – etwas Faszination üben diese Autos doch auf mich aus: nutzlose Artefakte in einer nutzlosen Umgebung. Vielleicht sollte man sie als Kunstwerke betrachten.
Auf der Strecke gibt es gemäss Karte erst im Crask Inn die nächste Versorgungsmöglichkeit. Ich plane dort meine Mittagspause zu machen. Im Gastraum werde ich überschwänglich begrüsst und zum Essen eingeladen – irgendetwas ist hier komisch. Ich bin in ein “Kirchencafe” geraten. Am Vormittag (heute ist Donnerstag) hat hier der monatliche Gottesdienst stattgefunden und die Gemeinde sitzt jetzt zum Mittagessen zusammen. Ich habe keine Wahl, esse Schottische Graupensuppe mit Gemüse, werde über den Unterschied zwischen Harmonium und “American Organ” aufgeklärt und lass mir erklären, wie die Schottische Kirche in den Besitz dieses Inns mitten in den Highlands gekommen ist.
Bald gibt es erste kleine Waldstücke und schliesslich sind die Hügel wieder vollständig bewaldet. Jetzt weiss ich, wo die Kamikaze-Holztrucks, die ich gestern in der noch baumlosen Gegend gesehen hatte, ihr Holz abholen.