Schön ist der Bach, der plätschernd durchs Gewimmel
Der Blümchen, das ihm Reize leyht,
Die Wellchen rollt, wenn ihn der Abendhimmel
Mit Purpur überstreut.
aus: Ludwig Hölty, “Das Landleben”
“Ludwig Hölty” heißt das Boot, das uns der Ruderclub Ernestinum-Hölty in Celle für eine kurze Wanderfahrt zur Verfügung stellt. Der Bach ist die langsam fließende Mittelaller. Die Blümchen am Ufer heißen Pfeilkraut, Goldrute, Rossminze, Schilf/Röhricht, Schwanenblume, Feinstrahl, Mittlerer Wegerich, Brombeere, Königskerze, Zaunwinde, Baldrian.
Wir rudern ab Celle stromauf, tragen das Boot zweimal um, bekommen nasse Füsse, machen Mittagspause im Allerparadies, wenden über Steuerbord, rudern stromab, tragen das Boot zweimal um, bekommen nasse Füsse und legen nach 37 Kilometern wieder in Celle an.
Ein schöner Tag auf der Aller und Dank der Ruderkollegen in Celle eine einfach zu organisierende Alternative zu einer Kurzwanderfahrt auf dem Mittellandkanal.
Nachdem Novecento einen Tag auf dem Dach des VW-Bus gelegen hat, raffe ich mich am 11.7.2019 endlich auf und fahre noch ohne konkrete Streckenplanung in Richtung Schlei. Der Plan ist, von Lindaunis aus sowohl in Richtung Schleswig wie auch in Richtung Schleimünde/Ostsee zu rudern. Als ich vor der Brücke Lindaunis im Stau stehe ändere ich den Plan und fahre über Kappeln zur Marina Arnis als Ausgangspunkt meiner Tour.
Für den kommenden Tag ist ruhiges Wetter angekündigt. Ich belade das Boot mit grossem Gepäck (Zelt, Kochutensilien). In Schleimünde will ich abhängig von Wind und Wellen über die weitere Strecke entscheiden. Auf der Schlei komme ich zügig voran, hinter Kappeln überhole ich sogar ein kleines Segelboot unter Motor und bin überrascht, daß in der schmalen Fahrrinne zwischen Kappeln und Maasholm auch die grossen Segelyachten unter Motor kaum schneller sind. Auf der Ostsee bei Schleimünde gibt es nur schwache Dünung und ich entscheide mich für die Fahrt in Richtung Eckernförder Bucht. Am Nachmittag nehmen Wind und Wellen zu, das Rudern wird anstrengender und ich übernachte in Karlsminde, einige Kilometer vor Eckernförde.
Nach ausgiebigem Frühstück mit frischen Brötchen ist das Zelt schnell abgebaut und das Boot beladen. Direkt vor Karlsminde quere ich die Eckernförder Bucht. Weil Wochende ist und ich keine Warnzeichen an den in der Karte angegebenen Stellen entdecken kann, hoffe ich, daß das Warngebiet “Eckernförde Süd” nicht aktiv ist und ich nicht versehentlich Ziel eines Torpedos werde. Verlässlichere Informationen wären mir lieber.
Vor Einfahrt in die Kieler Förde werden die Wellen unangenehm. Gelegentlich läuft eine sich brechende Welle von der Seeseite auf das Boot zu und verpasst mir eine Dusche. Wind und Wellen schieben mich in die Förde hinein und ich probiere verschiedene Methoden um das Boot auf den Wellen ein kurzes Stück surfen zu lassen. Bei Laboe quere ich die Förde und sehe mir das U-Boot Mahnmal an, bevor ich die Förde wieder verlasse und zum nächsten Campingplatz rudere.
Am Morgen tun mir noch immer Füsse, Hände und Rücken weh. Der Himmel ist bedeckt. Das Wetter und die Dünung wären günstig zum Rudern. Trotzdem beschliesse ich, mich einen Tag zu erholen. Offenbar strengt mich das Rudern an der Küste mehr an als auf Kanälen oder Flüssen.
An den zwei folgenden Tagen weht der Wind mit 15kt und die Wellen zeigen gelegentlich kleine Schaumkronen. Ich bleibe auf dem Zeltplatz und nutze die Zeit um das Auto aus Arnis nachzuholen.
Nach den Ruhetagen rudere ich weiter entlang der Küste in Richtung Weißenhaus. An der Einfahrt in das Warngebiet Todendorf halte ich Ausschau nach Hinweisen auf Aktivierung des Gebietes für militärische Übungen. In der Ferne (Neuland) sehe ich wechselnd rot-gelbe Lichtzeichen. Das Leuchtfeuer bei Todendorf ist dagegen nicht aktiviert und ich folgere daraus (wie in der Eckernförder Bucht), dass das Warngebiet nicht aktiv sei. Ich habe mich offenbar geirrt: nach etwa zwei Kilometern werde ich per Lautsprecher aufgefordert das Warngebiet zu verlassen. Ich drehe um und harre notgedrungen vor dem Warngebiet aus bevor ich am späten Nachmittag endlich weiterfahren kann. Erst spät erreiche ich den Strand vor Weißenhaus, mache einen kurzen Spaziergang zu der Ferienanlage “Weißenhäuser Strand” und übernachte im VW-Bus.
Ich bekomme Besuch von Siegrid. Weil ich erst ab 17Uhr in das Warngebiet Putlos einfahren kann, verbringen wir den Tag in Heiligenhafen und ich erkunde eine geeignete Anlege- und Aufladestelle für das Boot. Am Abend beschliesse ich meine Tour mit der Fahrt von Weißenhaus bis Heiligenhafen gegen stärker werdenden Wind aus Ost.
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Das Boot “Southern Cross” hatte ich vor knapp einem Jahr übernommen. Im letzten Sommer war ich ein paar Proberunden mit dem Boot auf dem Tankumsee gefahren, hatte es im Emder Schiffsregister eintragen lassen, ein Deutsches Rufzeichen und eine MMSI erhalten und erste Pläne für Reparaturen/Umbauten gemacht. Im Januar kam das Boot in eine provisorische Werkstatt unter den Carport. Es wurden Beschläge, Luken und Elektrik demontiert und der Rumpf weitgehend vom Lack befreit. (Die Vorgänger hatten viel Freude an häufiger farblicher Neugestaltung) Heute wurde das Boot für Holzarbeiten und Lackierung zum Bootsbauer nach Schönebeck/Elbe gebracht. Im August werde ich mit dem Wiederaufbau beginnen. Bis dahin sind Schaltpanel (Funk, AIS, Plotter, Logger, Kompass…), die Rollsitze und (eventuell) das Stemmbrett vorzubereiten.
Ob “Southern Cross” in diesem Jahr nach langer Zeit wieder in Salzwasser fahren wird?
Die Übernachtung in Hitzacker mit allem Komfort tut gut. Beim ausgiebigen Frühstück unterhalte ich mich mit einem Radfahrer, der auf dem Elbe-Radweg in Richtung Hamburg unterwegs ist.
Selber mit dem Ruderboot statt mit dem Rad unterwegs, ist mein Abstand zu dem Elbe-Radweg Fahrer hinreichend gross, dass er mir als gedanklicher Spiegel dienen kann. Warum nur nimmt dieser Herr die Mühen des Radfahrens gegen den Wind auf sich?
Das Wetter ist freundlicher als am Vortag, die Strecke bis Lauenburg kürzer. Ich probiere verschiedene Strategien um die optimale Linie auf dem breiter werdenden Fluss zu finden. (z.B. – 1. Gleichmässig Ziehen und bei Drehung auf der jeweils entgegengesetzte Seite überziehen in Anlehung an das Zentrieren von Thermik – 2. Konstanten Kompasskurs fahren und Differenz zum Kurs über Grund beobachten – 3. Weite Schlangenlinien rudern und GPS-Geschwindigkeit in der Phase des Vorrollens beobachten.) Weiter entwickel ich ein alltagsphysikalisches Modell des Strömungsprofils der Elbe. Das Modell hat eine hinreichend gute Prognosefähigkeit und ich nenne es daher mein “Standardmodell der Elbströmung”. Die Feststellung der “hinreichenden Prognosefähigkeit” führt mich wiederum zu der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Modellen, die nicht mehr “Prognosefähigkeit” sondern “Welterklärung” beanspruchen.
Weil ich im Moment keine Lust mehr habe den Elbe-Seitenkanal zurück nach Braunschweig zu rudern und zuhause besser einige Dinge erledigt werden sollten, beende ich zunächst die Tour nach 352 Kilometern. Das Boot stelle ich für ein paar Tage bei der RG-Lauenburg unter. In ein paar Tagen werde ich wissen, ob bzw. in welcher Richtung ich die Tour fortsetzen werde. Eine Woche später fahre ich wieder nach Lauenburg, lade das Boot aufs Auto und bringe es auf zurück nach Gifhorn. Die Strecke Lauenburg-Cuxhaven werde ich ein anderes Mal rudern.