Diese Rudertour begann am 6. Juli in Schmilka bei Flusskilometer 4,6 direkt hinter der Tschechischen Grenze und endete am 16. Juli in Hamburg bei Flusskilometer 614,2. Übernachtet habe ich in (Radfahrer)-Pensionen, Jugendherbergen oder im Zelt. Das relativ hohe Gewicht des Bootes und der Ausrüstung war manchmal lästig und mir sind viele Dinge aufgefallen, die bis zu einer Tour auf der Donau zum Schwarzen Meer noch verbessert werden könnten. Spätestens seit dem Treffen und dem Austausch mit dem volans2-Ruderer hinter Wittenberge überlege ich wieder, ob die TID wegen der Streckenlängen der richtige Rahmen für eine Rudertour zum Schwarzen Meer ist.
Kategorie-Archiv: 2020 Elbe
Abschluss in Hamburg
Vorgestern hatte ich geplant in Dömitz zu übernachten, war in den kleinen Hafen gerudert, hatte ein paar notwendige Einkäufe erledigt und mich bei dem Hafenmeister des Motorboot Clubs wegen Übernachtungs-/Zeltmöglichkeit erkundigt. Das Gespräch begann damit, daß ich einen angebotenen Handschlag so höflich wie möglich ablehnte und anschließend erfuhr, daß es an den “Deutschen Genen” liege, daß wir in Deutschland derzeit relativ niedrige Corona-Infektionsraten haben. Irgendwie ratlos und angenervt fuhr ich zum gegenüberliegenden Ufer der Elbe um das Zelt aufzubauen.
Heute starte ich in Lauenburg zur letzten Etappe nach Hamburg. Hochwasser an der Schleuse Geesthacht ist um 15Uhr, etwa zwei Stunden vorher kann ich ohne Wartezeit direkt in die Schleuse einfahren und mitschleusen.Nach der Schleusung lege ich die Mittagspause ein und fahre mit ablaufendem Wasser weiter zur Süderelbe. Seit der Einmündung des Elbe-Seitenkanals treffe ich wieder auf mehr Binnenschiffe. Ich hatte sie die letzten 10 Tage schon vermisst.
Beim Ruderclub Süderelbe beim Flusskilometer 614,2 beende ich die Fahrt und hoffe die Unterelbe später – entweder in Begleitung oder in einem Mannschaftsboot – zu fahren. Etwas Kenntnis des Gewässers und jemand, der sich vollständig auf den Schiffsverkehr und das Gewässer konzentrieren kann, scheint sinnvoll zu sein.
Rätsel gelöst
In Mühlberg wurde ich von den Ruderern des Vereins angesprochen, daß gestern schon einmal ein einzelner Ruderer dort gewesen sei. Sein Boot sei aber ganz schmal gewesen und er hätte 50kg Gepäck auf dem Deck des Bootes befestigt gehabt.
Einen Tag später erzählten mir die Hannoveraner Paddler während der Mittagspause, sie hätten einen Ruderer gesehen, der hätte aber viel kürzere Ruder gehabt, als die die ich hätte und deuten dabei etwa die Länge eines Auslegers an.
Als ich in Magdeburg durch die Domfelsen fuhr konnte ich mir nicht vorstellen, daß hier ein völlig überladenes 100kg Skiff ohne zu kentern durchfahren kann. Mir erschien das alles sehr mysteriös und ich erwartete nicht dieses Ruderphantom noch mit eigenen Augen zu sehen.
Heute morgen nach den ersten 10 Kilometern sehe ich zwischen zwei Buhnen ein Ruderboot und ein Paar Skulls liegen. Mein erster Gedanke ist, daß das ein Let-row (ein gescheiterter Versuch des Kajak Herstellers Lettman ein Ruderboot anzubieten) sein könnte. Mit einer schnellen Wende und ein paar Schlägen stromauf komme ich der Sache näher und bin überrascht und beeindruckt. Es ist ein Niederländisches volans2 mit Rollausleger. In der “Konzeptphase” von Novecento hatte ich mir auch dieses Boot angesehen. (Rollausleger -> geringe Nickmomente -> kürzeres und breiteres Boot -> geringere benetzte Oberfläche -> geringerer hydrodynamischer Widerstand bei Wanderfahrtgeschwindigkeit & mehr Stabilität) Der Clou sind die Spiegel und das “Cockpit”: weil Sitz und damit der Augpunkt während des Ruderzug unverändert zum Boot bleiben können Spiegel und Navi ihre volle Wirkung entfalten.
Solange das Wasser glatt ist, ist dieses Boot sicher schneller als Novecento. Durch den hohen Schwerpunkt ist es aber in unruhigem Wasser und bei Wellen auch schwieriger zu rudern. Der Ruderkollege trägt aus gutem Grund seine Rettungsweste, während ich meine Rettungsweste unter Deck verstaut habe.
Es ist das erstemal seit ich mit Novecento unterwegs bin, daß ich einen Ruderer treffe, der solo mit komplettem Gepäck auf längerer Fahrt unterwegs ist.
Schön und Langweilig
Blauer Himmel, ein leichter Wind und angenehme Temperaturen bestimmen den Tag. Es ist schön auf der Elbe bei diesen Bedingungen und glattem Wasser dahinzugleiten. Nach den ersten zwanzig Kilometern kommt zu der Schönheit die Langeweile dazu. Manchmal überwiegt die Langeweile die Schönheit. Dann wird es langweilig schön, manchmal ist es schön langweilig, manchmal vertreibe mir die Zeit mit der Vorstellung auf der Donau zu sein und manchmal mache ich Pause.In Tangermünde scheinen mehrere Flusskreuzfahrtschiffe fest zu liegen. Eine Folge der Corona Pandemie? Und ich kann den Turm des Havelberger Doms sehen, vermutlich wegen des ein Meter höheren Wasserstandes im Vergleich zur letzten Elbefahrt.
Bootsgasse für Binnenschiffe
Gestern bei der Abfahrt in Dessau hatte ich noch eine nette Unterhaltung mit einem Paddler der JPG. Er klärte mich über die Ruinen vor Rosslau auf (Brücken zu Testzwecken), das Leben in Dessau (Rentnerstadt wie Görlitz, aber ohne schöne Gebäude) und gab u.a. Tips für die stromauf Befahrung der Havel (automatische, zentral gesteuerte und langsame Schleusen), falls mich in Havelberg der Westwind nerven sollte.
Um in Aken in der Mittagspause ein paar Lebensmittel einzukaufen – Samstag Mittag! – mußte ich eine längere Wanderung unternehmen. In der Innenstadt hatte nur ein Dönerladen und eine Apotheke geöffnet für alles was Menschen wirklich brauchen. Eine noch längere Wanderung war am Abend in Schönebeck fällig.
Nach drei Kilometern komme ich heute an einem Wasserwanderrastplatz mit guter Anlegemöglichkeit vorbei. Hätte ich davon gewusst, ich hätte mir in Schönebeck Unerfreuliches erspart (u.a. die seltsamen Typen vom Schönebecker Ruderverein). Der Jübermann Atlas “Elbe 1” ist ganz praktisch, die Angaben zu Vereinen, Pensionen und Zeltplätzen sind aber leider unzuverlässig. Dafür sind persönliche aktuelle Tips immer hilfreich.
Die Durchfahrt durch Magdeburg ist interessant. Stromauf der Innenstadt sind viele Motorboote unterwegs. Die eine Hälfte der Motorboote ist einfach so zum Sonntagsausflug unterwegs. Die andere Hälfte der Motorboote ist auch zum Sonntagsausflug unterwegs, hat aber zusätzlich ein Megaphon dabei und fährt neben einem Kippelboot mit zwei oder vier/fünf Kindern. Wie auch immer, Hauptsache den Leuten macht das Motorbootfahren Spaß.
Im Bereich der Innenstadt warnt der Jübermann Atlas vor Domfelsen!!, Strombrückenfelsen!! und Herrenkrugfelsen. In diesen Bereichen ist das Fahrwasser schmal und die Strömungsgeschwindigkeit hoch, eine Art Bootsgasse für Binnenschiffe. Mit Respekt, viel Gefühl und wenig Kraft auf den Skulls (das Boot bleibt gerade noch steuerbar) lasse ich mich durch die Engstellen spülen. Hier macht mich Rudern ohne Kraft tatsächlich schneller. Eine neue Erfahrung.
Stromab der Magdeburger Innenstadt, nach Häfen, Schleusenkanal, A2 und MLK-Trog wird die Elbe breiter und irgendwie norddeutscher. Der Pegel zeigt 1,60m. Als ich hier vor zwei Jahren gewesen bin waren es weniger als 0,60m.