Niederlande

Gestern habe ich in Münster einen ersten Ruhetag eingelegt. Heute geht es dafür nach einem gemeinsamen Frühstück mit Thekla relativ zeitig aufs Rad in Richtung Niederlande.

Ursprünglich wollte ich ab Münster den Radfernweg R1 befahren. Das Fahren nach der Empfehlung des Navis auf den Landstrassen ist aber hier im Münsterland und später auch in den Niederlanden für mich in Ordnung und deutlich kürzer als die verschlungenen Seitenstrecken des R1. Die Landstrassen haben fast durchgängig gute Radwege und sind nicht zu stark befahren.

Die Fahrt durchs Münsterland bedient alle meine Klischees (Pferde, liebliche Landschaft, herrschaftliche Gutshöfe, Klöster, Priester, Nonnen, Glockengeläut…) – und ich freue mich darüber.

Hinter der Grenze zu den Niederlañden geht es unverändert weiter (mit der Bedienung meiner Klischees): tolle Radwege und Strassen, riesengrosse Höfe, Gazelle Fahrräder, keine Gardinen in den Fenstern, gepflegt Gärten, Pindakaas etc. – auch darüber freue ich mich.

Jetzt bin ich gespannt auf den Moment, an dem

a) mein Vorrat an Klischees aufgebraucht ist

b) neue Klischees gebildet werden

c) bestehende Klischees revidiert werden müssen

Nach etwas Überwindung verbringe ich die erste Nacht im Zelt. Das Wetter ist gut, es ist wenig Betrieb, der Campingplatz ist recht gepflegt und er liegt direkt an der Ijssel. Jetzt, wo alles aufgebaut und an seinem Platz ist, fühlt sich Zelten auch wieder gut an.

Münster

Die Strecke bis Münster ist kurz und überwiegend schön. Bei schönem Frühlingswetter fahre ich auf idyllischen Radwegen, teilweise aber auch direkt an der stark befahrenen Bundesstrasse über Warendorf und Telgte nach Münster.

Die Fahrt lässt die “Edemissen-Peine-Sehnde-Pattensen-Ödnis” vom ersten Tag vergessen und weckt Vorfreude auf die Niederlande.

Die Strassencafes in Münster sind voll besetzt, es gibt – wie derzeit in allen grösseren deutschen Universitätsstädten – interessante alte Rennräder der 80er und 90er Jahre, orginelle Lastenräder und gewöhnliche Hollandräder zu sehen. Dabei entdecke ich das Imitat eines GIOS-Rennrades.

Zum Abschluss des Tages bekommen meine Frau, die “kleine” Tochter und ich ein Paneer Tikka Masala.

Regen und Berge

Irgendwann lässt sich heute die Abfahrt in Springe nicht weiter verschieben und so fahre ich etwa 1-2 Stunden im Regen. Der Regen, die Berge des Weserberglands und die unangenehme Fahrt auf/neben der Bundesstrasse mit den unklaren und gewohnt schlechten Radwegen verderben mir die Laune.

Gegen Mittag komme ich in den Landkreis Lippe, der Regen hat aufgehört und die Strecke wird technisch und landschaftlich schöner. Offenbar war ich vorher nie in Detmold (warum auch?). Aber ich stelle fest, dass diese Stadt unter dem Hermannsdenkmal vergleichsweise hübsch und beschaulich ist. Das Radfahren macht auf diesem Abschnitt zum ersten Mal Spass.

Vorbei an Stukenbrock und dem Segelflugplatz Oerlinghausen (“sweet memories”) fahre ich weiter bis Gütersloh. Mein erster Gedanke beim Hineinfahren: Gütersloh scheint gemeinsam mit Wolfsburg Vorreiter bei dem Versuch zu sein, die gesammte Stadt vollständig in einem einzigen grossen Einkaufszentrum aufgehen zu lassen. Das Einkaufszentrum hält sich seine “Kunden” – statt dass sich Kunden ein Einkaufszentrum halten. Ein spannendes anthropologisches Experiment. Ich bilde mir ein, bei den Probanden bereits erste evolutionäre Anpassungen an die veränderten Umweltbedingungen festzustellen.

Langsam gewöhne ich mich an den Umgang mit meinem neuen Navi und kann die unterschiedlichen Routenempfehlungen besser einschätzen.

Schottland ist das Ziel

Heute beginnt meine Radreise in Richtung Schottland. Die Vorbereitungen dafür liefen in diesem Jahr viel einfacher und schneller als im letzten Jahr. Vermutlich denke ich, ich wüsste nach der Radtour im letzten Jahr, was mich erwartet.

Das Abschiedsfoto findet natürlich vor der “Southern Cross” statt.

Die ersten knapp 100km bringen mich heute bis Springe. Das Fahren durch die halbindustrielle Vorstadt Ödnis von Edemissen, Peine, Sehnde, Pattensen usw. empfinde ich als notwendiges Übel. Gut, sich diese Gegend nochmal bewusst zu machen, bevor ich in den kommenden Wochen ähnliche Regionen in Niederlande und England durchfahren werde.