Gemütlich

Das Hotel ist komfortabel, ruhig und mit sehr freundlichem Service. Nachdem geklärt ist, daß ich die Waschmaschine im Haus nutzen kann verlängere ich meinem Aufenthalt und lege einen richtig gemütlichen Ruhetag ein.

Beim ausgiebigen Frühstück treffe ich drei Radfahrer wieder, die ich bereits vor vier Tagen das erste Mal gesehen habe. Sie sind eher sportlich mit Rennrädern, kleinem Gepäck und kurzen(!) Hosen unterwegs und geben sich beim Fahren gegenseitig Windschatten. Wenn sie an mir vorbeifahren sind sie deutlich schneller. Durch meinen Ruhetag haben sie jetzt auch “Vorsprung” auf dem Weg in Richtung Norden.

Ich sitze mittags auf der Terrasse als vier große Reisebusse mit Teilnehmern einer Kreuzfahrt von Tromsø kommend eintreffen. Jetzt wird Deutsch gesprochen. Nach etwa zwei Stunden ist die Speisung und der Spuk beendet und es kehrt wieder Ruhe ein. Es ist hier wohl doch nicht der absolute Geheimtip – schön ist es trotzdem.

Die nördlichste Karte wird präpariert. Von hier aus gibt es kaum noch Streckenoptionen bis zum Nordkapp. Ich rechne die verbleibenden Kilometer zusammen, lese Fahrtenberichte zu diesem Streckenabschnitt und hadere. Einerseits reizt es mich das “Nordkapp” in etwa einer Woche erreichen zu können. Andererseits stört mich der Gedanke an das näher kommende Ende der Tour und die Touristenmassen dort. Die Vorstellung, daß ich mich nach 3000km Radfahren mit schwäbischen Motorrad- und Wohnmobilsenioren um den besten Platz vor dem “Globus” rangeln soll, gefällt mir nicht. Hoffentlich fällt mir noch ein besserer Abschluss meiner Fahrt in den Norden ein

 

 

Hier ist nicht der Schwarzwald!

Nachdem es gestern keine Wale zu sehen gab bekomme ich am Morgen das Geld für die Tour erstattet (“Walgarantie”) bevor ich mich auf den Weg zur Fähre zur Insel Senja mache.

Vor dem Büro wartet mit mir ein junger chinesischer Mann um Tickets für eine Tour zu buchen. Er spricht kaum Englisch und nutzt lächelnd die Sprachausgabe seines Smartphones zur Kommunikation. Er erfragt, daß ich aus Deutschland stamme und sucht danach ein Weile in seinem Smartphone herum. Dann bildet er eine selbst gesprochene Frage aus der ich die Worte “Schwarzwald” und “Nähe” meine heraushören zu können. Ich antworte kurz mit “no”. Weder befinden wir uns in der Nähe des Schwarzwalds, noch wohne ich dort und überhaupt habe ich keine Lust auf diese Form der Kommunikation.

Nach meiner Karte (mit recht großem Maßstab) soll es auf der Insel Senja hauptsächlich an der Küste entlanggehen – ich erwarte entspanntes Fahren auf Küstenstraßen und habe mich mal wieder getäuscht. Die “kleinen” Berge zwischen den Fjorden gehen von Meereshöhe auf 500m herauf (Schneereste) und gleich wieder herunter.

Die neueren Tunnel sind mit “Fahrrad-Warnung” versehen. Vor der Einfahrt in den Tunnel drücken Radfahrer einen Knopf und eine Warnlampe informiert Autofahrer von beiden Seiten des Tunnels, daß sie mit Radfahrern im Tunnel zu rechnen haben. In älteren Tunnels gibt es keine Warnung und keine Beleuchtung. Es ist ziehmlich gruselig in einem Tunnel ohne Beleuchtung – dessen Enden nicht zu sehen sind – mit dem Rad zu fahren. Ich werde meine Stirnlampe ab jetzt während des Tages griffbereit haben.

Am Abend finde ich einen wunderschönen Ort mit sehr schönem Hotel (Tip des “Norwegers” in Ørnes), fast ohne Wohnmobile und fast ohne deutsche Motorradfahrer. Offenbar tatsächlich ein Geheimtip für Norweger.

Keine Wale zu sehen

Zum Frühstück gibt es endlich die ersten blauen Lücken am sonst grauen Himmel. Nur gelegentlicher Regen mit Wind aus Süd-West und wenig Steigungen machen das Fahren leicht. Die Landschaft wird weiträumiger und offener und es gibt nur noch wenig Wald.

Immer häufiger sehe ich große Antennen Installationen (wahrscheinlich Langwelle) und Beobachtungsstationen – ein Zeichen dafür, daß ich mich “dem Ende der Welt” nähere.

Früh am Nachmittag erreiche ich bereits Andenes und nutze die Chance an einer Wal-Beobachtungstour teilzunehmen. Zwei Schiffe fahren etwa vier Stunde in einem  Gebiet häufiger Sichtungen der Pottwale und Orkawale herum ohne leider einen einzigen Wal zu Gesicht zu bekommen. Die kleinen Schiffe machen ordentliche Bewegungen in der starken Dünung – ich bekomme eine Salzwasserdusche vorne an der Reling stehend, andere Passagiere sind nach kurzer Zeit “unpässlich” und die kleinen Kinder (warum müssen die sowas mitmachen?) fangen an zu weinen.

kalt und grau

Der Tag beginnt mit wolkenverhangenem Himmel und endet mit ein paar Stunden Regen. Bei einem Zwischenstop rede ich länger mit einem jungen Norweger aus der Gegend – und beklage mich dabei über die Kälte. Der lacht und erklärt, daß hier jetzt für sie schönstes Sommerwetter sei. Die Maßstäbe sind verschieden und irgendwie hatte ich immer schon geahnt, daß es hier im Norden kälter werden würde. Der Wetterbericht für morgen lässt hoffen. Gelegentlicher Sonnenschein bei ca. 10 Grad.

Rückenwind

Um es positiv auszudrücken: die Lofoten Inseln sind touristisch stark erschlossen. Eine grandiose Landschaft – aber eben kein Geheimtip. Die Küstenstraßen sind sehr angenehm zu fahren und mit Rückenwind und trotz gelegentlichem Regen macht das Fahren heute wieder Spaß.

Besonders schön ist eine längere Nebenstrecke zur E10 auf der ich völlig ungestört bin. Auf der E10 selber schieben sich die Mietwagen, die Reisebusse und die Wohnmobile an mir vorbei. Am Nachmittag verstehe ich dann was die die Insassen der rollenden Altenheime hier eigentlich wollen: sie sind auf Wohnungssuche. Pech nur, daß die besten Lagen an der Nebenstrecke zu finden sind.