Einschließlich der Rückfahrt (Nordkapp-Gifhorn) war ich 6 Wochen (=42Tage) unterwegs und bin an 35 Tagen insgesamt 3300km mit dem Rad gefahren. Ich habe 11 mal im Zelt, 13 mal in Hütten und 15 mal in Pensionen/Jugendherbergen/Hotels übernachtet und 15-20 mal Fähren genutzt. Habe mich im Umgang mit WordPress geübt, mein Note1, mein Teasi-Navi und meine Kamera mehr oder weniger final ruiniert und für Fähren, Essen und Übernachtung +-90€/Tag verbraucht.
Nach wenigen Kilometern erreiche ich die Dänisch/Deutsche Grenze bei Flensburg und genehmige mir bei einem Bäcker ein zweites Frühstück. Ein Englisch sprechendes Paar möchte dort auch frühstücken und fragt, ob sie “mit Karte” zahlen können. Das ist offenbar nicht möglich und sie werden an die nächste Bank verwiesen.
In Norwegen, Schweden und Dänemark werden selbst kleinste Beträge bei nahezu jeder Gelegenheit “per Karte” bezahlt. Diese Länder sind gerade im Begriff das Bargeld faktisch abzuschaffen. Datenschutz und bürgerliche Freiheit sind offenbar zu abstrakte Konzepte für die meisten Menschen, als daß sie dafür die Bequemlichkeit des Bezahlens “mit Karte” dafür aufgeben würden. Ich selber habe mich dem Verhalten (meist notgedrungen) während der Reise ebenfalls angepasst, war aber froh ab Flensburg wieder alles in bar zu zahlen.
Ich überquere die Schlei bei Missunde mit einer kleinen Fähre. Vor zwei Jahren bin ich hier mit ein paar Ruderkollegen aus Braunschweig mit dänischen Inrigger Booten gerudert.
Gestern habe ich über Radwege in Dänemark gelästert, in Schleswig-Holstein und insbesondere in Kiel sind die Radwege in keinem besseren Zustand. Immerhin scheinen sich die Behörden in Kiel der desolaten Situation bewußt zu sein und geben am Stadteingang mit einem Schild den Radfahrern die Nutzung der Straßen frei. Ein Armutszeugnis – aber immerhin ehrlich.
Das Radfahren auf den letzten 30km vor Kiel ist öde und eintönig (Norddeutsches Vorstadt Einerlei…) und ich habe das Gefühl, daß jetzt der passende Zeitpunkt gekommen ist die Reise abzuschließen. Die “Lücke” Kiel-Göteborg ist geschlossen, ich bin 3300km mit dem Rad gefahren und habe viel erlebt. Ein Fazit aus dieser Reise zu ziehen braucht natürlich – wenn überhaupt – mehr als diese Feststellung. Mal sehen…
Nordjütland ist für mich der schönere, weil weniger dicht besiedelte Teil Dänemarks – auch wenn es jetzt im Sommer dort einige große Ferienzentren gibt. Südlich von Aarhus ist es mit dieser Idylle vorbei. Die (zugegeben hübschen) Städtchen liegen in engem Abstand von 20-40km auf meinem Weg in Richtung Süden.
Mir war schon in Schweden – anders als in Norwegen – die allgegenwärtige Regulierung, Belehrung und Bevormundung auf die Nerven gegangen. Was die Dänen hier in ihrem Land abziehen ist aber nicht weniger bizarr. An einer nicht besonders großen Kreuzung in Kolding finde ich parallel 6 (in Worten “sechs”) Ampeln, die alle die gleiche Bedeutung haben. Dazu ein Schild, das besagt, daß Radfahrer bei rot anhalten müssen. Das schönste Symbol behördlichen Unfugs sind aber die “Fahrradzählautomaten” der Marke “Beamtenstolz” in jedem kleineren und größeren Ort. Wen interessiert, daß er heute der 41. Radfahrer an dieser Stelle ist und in diesem Jahr der 7895. Radfahrer? Ich hoffe inständig, daß auf diesen Geräten nicht irgendwo ein Schild angebracht ist: “Financed by The European Commission for a Sustainable Europe”. Den ausgeprägten Hang der Dänen (wie der Schweden und Niederländer) zu bigotter Symbolpolitik kenne ich ja noch aus meiner Zeit in Brüssel.
Während dänische LKW mich zu einem unfreiwilligen Ausflug ins Grüne zwingen wünsche ich mir, die öffentlichen Mittel für den Ausbau der Fahrradinfrastruktur wären in klassischen Tiefbau statt in Schilder, Bemalung, Ampeln und Zählautomaten geflossen. Zu hoffen ist, daß sich die deutschen Kommunen kein Beispiel am sagenumwobenen “Skandinavischen Politik Modell” nehmen werden.
P.S.: “Fahrradzählautomaten” liegen in meiner Reihenfolge der unsinnigsten technischen Gegenstände noch vor den “Helmkameras auf Helmen schwäbischer Motorradfahrer”. Schwäbische Motorradfahrer haben ihr eigenes Geld dafür vergeudet: das ist dumm. Dänische Beamte haben das Geld anderer Menschen vergeudet: das ist schändlich.