Rudern durch die Norddeutsche Tiefebene

Die Strecke von Gifhorn nach Ostfriesland einmal durchgängig zu rudern war überfällig, die Tour in diesem Jahr 2021 anzugehen war naheliegend. Bis auf die Unteraller zwischen Celle und Weser hatte ich die zu rudernden Gewässer irgendwann vorher schon befahren.

1. Tag: Müden bis Celle (28km)

Die Tour beginnt in Müden mit einem kurzen Abstecher stromauf in die Oker bis zum letzten Okerwehr. Ich freue mich nach einem Jahr wieder in Novecento zu rudern. Es fühlt sich alles richtig und vertraut an.
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Elbe 2020 / Übersicht

Diese Rudertour begann am 6. Juli in Schmilka bei Flusskilometer 4,6 direkt hinter der Tschechischen Grenze und endete am 16. Juli in Hamburg bei Flusskilometer 614,2. Übernachtet habe ich in (Radfahrer)-Pensionen, Jugendherbergen oder im Zelt. Das relativ hohe Gewicht des Bootes und der Ausrüstung war manchmal lästig und mir sind viele Dinge aufgefallen, die bis zu einer Tour auf der Donau zum Schwarzen Meer noch verbessert werden könnten. Spätestens seit dem Treffen und dem Austausch mit dem volans2-Ruderer hinter Wittenberge überlege ich wieder, ob die TID wegen der Streckenlängen der richtige Rahmen für eine Rudertour zum Schwarzen Meer ist.

Abschluss in Hamburg

Vorgestern hatte ich geplant in Dömitz zu übernachten, war in den kleinen Hafen gerudert, hatte ein paar notwendige Einkäufe erledigt und mich bei dem Hafenmeister des Motorboot Clubs wegen Übernachtungs-/Zeltmöglichkeit erkundigt. Das Gespräch begann damit, daß ich einen angebotenen Handschlag so höflich wie möglich ablehnte und anschließend erfuhr, daß es an den “Deutschen Genen” liege, daß wir in Deutschland derzeit relativ niedrige Corona-Infektionsraten haben. Irgendwie ratlos und angenervt fuhr ich zum gegenüberliegenden Ufer der Elbe um das Zelt aufzubauen.

Heute starte ich in Lauenburg zur letzten Etappe nach Hamburg. Hochwasser an der Schleuse Geesthacht ist um 15Uhr, etwa zwei Stunden vorher kann ich ohne Wartezeit direkt in die Schleuse einfahren und mitschleusen.Nach der Schleusung lege ich die Mittagspause ein und fahre mit ablaufendem Wasser weiter zur Süderelbe. Seit der Einmündung des Elbe-Seitenkanals treffe ich wieder auf mehr Binnenschiffe. Ich hatte sie die letzten 10 Tage schon vermisst.

Beim Ruderclub Süderelbe beim Flusskilometer 614,2 beende ich die Fahrt und hoffe die Unterelbe später – entweder in Begleitung oder in einem Mannschaftsboot – zu fahren. Etwas Kenntnis des Gewässers und jemand, der sich vollständig auf den Schiffsverkehr und das Gewässer konzentrieren kann, scheint sinnvoll zu sein.

Rätsel gelöst

In Mühlberg wurde ich von den Ruderern des Vereins angesprochen, daß gestern schon einmal ein einzelner Ruderer dort gewesen sei. Sein Boot sei aber ganz schmal gewesen und er hätte 50kg Gepäck auf dem Deck des Bootes befestigt gehabt.
Einen Tag später erzählten mir die Hannoveraner Paddler während der Mittagspause, sie hätten einen Ruderer gesehen, der hätte aber viel kürzere Ruder gehabt, als die die ich hätte und deuten dabei etwa die Länge eines Auslegers an.
Als ich in Magdeburg durch die Domfelsen fuhr konnte ich mir nicht vorstellen, daß hier ein völlig überladenes 100kg Skiff ohne zu kentern durchfahren kann. Mir erschien das alles sehr mysteriös und ich erwartete nicht dieses Ruderphantom noch mit eigenen Augen zu sehen.

Heute morgen nach den ersten 10 Kilometern sehe ich zwischen zwei Buhnen ein Ruderboot und ein Paar Skulls liegen. Mein erster Gedanke ist, daß das ein Let-row (ein gescheiterter Versuch des Kajak Herstellers Lettman ein Ruderboot anzubieten) sein könnte. Mit einer schnellen Wende und ein paar Schlägen stromauf komme ich der Sache näher und bin überrascht und beeindruckt. Es ist ein Niederländisches volans2 mit Rollausleger. In der “Konzeptphase” von Novecento hatte ich mir auch dieses Boot angesehen. (Rollausleger -> geringe Nickmomente -> kürzeres und breiteres Boot -> geringere benetzte Oberfläche -> geringerer hydrodynamischer Widerstand bei Wanderfahrtgeschwindigkeit & mehr Stabilität) Der Clou sind die Spiegel und das “Cockpit”: weil Sitz und damit der Augpunkt während des Ruderzug unverändert zum Boot bleiben können Spiegel und Navi ihre volle Wirkung entfalten.
Solange das Wasser glatt ist, ist dieses Boot sicher schneller als Novecento. Durch den hohen Schwerpunkt ist es aber in unruhigem Wasser und bei Wellen auch schwieriger zu rudern. Der Ruderkollege trägt aus gutem Grund seine Rettungsweste, während ich meine Rettungsweste unter Deck verstaut habe.
Es ist das erstemal seit ich mit Novecento unterwegs bin, daß ich einen Ruderer treffe, der solo mit komplettem Gepäck auf längerer Fahrt unterwegs ist.

Schön und Langweilig

Blauer Himmel, ein leichter Wind und angenehme Temperaturen bestimmen den Tag. Es ist schön auf der Elbe bei diesen Bedingungen und glattem Wasser dahinzugleiten. Nach den ersten zwanzig Kilometern kommt zu der Schönheit die Langeweile dazu. Manchmal überwiegt die Langeweile die Schönheit. Dann wird es langweilig schön, manchmal ist es schön langweilig, manchmal vertreibe mir die Zeit mit der Vorstellung auf der Donau zu sein und manchmal mache ich Pause.In Tangermünde scheinen mehrere Flusskreuzfahrtschiffe fest zu liegen. Eine Folge der Corona Pandemie? Und ich kann den Turm des Havelberger Doms sehen, vermutlich wegen des ein Meter höheren Wasserstandes im Vergleich zur letzten Elbefahrt.