Obere Donau

Bei endlich wieder trockenem Wetter geniesse ich heute das enge Tal der Oberen Donau (Durchbruch der Donau durch die Schwäbische Alb). Die Landschaft und die Orte hier sehen aus wie meine Modelleisenbahn ausgesehen hat. Die Produktentwickler der Firmen “Faller” und “Fleischmann” haben sich wahrscheinlich hier ihre Vorbilder gesucht.Auf dem Weg nach Donaueschingen kann ich mit eigenen Augen sehen was in den Reiseführern steht: die Donau verschwindet für einige Kilometer irgendwo im Untergrund und hinterläßt nur ein ausgetrocknetes Flussbett. Schon stromab dieser Stelle führte die Donau nur wenig Wasser und eine Befahrung schien mir dort selbst mit einem Kajak schwierig. Die Donau unterhalb von Ulm oder Ingolstadt ist lang genug, da muss man sich nicht mit diesem Wiesenbächlein abgeben.Mit Donaueschingen erreiche ich mein vorläufiges Ziel der Radtour. Der Vollständigkeit halber besichtige ich die Donauquelle, die nicht die Donauquelle ist, und den Zusammenfluß von Brigach und Breg.Wie die Tour weitergeht werde ich situativ nach Wetter und Laune entscheiden. Erstmal habe ich jetzt eine Route “Donaueschingen – Offenburg” auf mein Navi geladen. Auch wenn ich bis zur Donau-Rhein Wasserscheide noch ein paar Höhenmeter klettern muß: die Abfahrt ins Rheintal möchte ich mir nicht entgehen lassen.

Wenig Überraschungen

Gestern bin ich von Ingolstadt über Neuburg und Donauwörth bis Gundelfingen gefahren, heute fahre ich von Gundelfingen über Ulm bis Ehingen. Mal ist es trocken, mal gibt es für ein paar Stunden kräftigen Landregen.Es gibt wenig Steigungen, manche Wege direkt an der Donau sind schön, viele kleine Wege führen durch Felder und nur selten bin ich unangenehmem Strassenverkehr ausgesetzt. Die Dörfer, die Gärten und die Häuser sind gepflegt und die Autos sind groß. So ist das in Schwaben, die Perfektion bietet keine Überraschungen. Dann werde ich in Ulm überrrascht:In Sachen Lächerlichkeit steht in Ulm der Kult um Einstein dem Kult um Luther in Eisleben nicht nach.

Ich denke an die Diskussion am ersten Tag über “Regionale Identifikation”. Tragen zusammenhanglose Namenskulte tatsächlich zu regionaler Identifikation bei? Wird es übermorgen in Meßkirch Heidegger-Würstchen geben? In Braunschweig könnte im Rahmen dieser ganz besonders subtilen Marketingstrategie das beliebte Gericht “Currywurst-Pommes” als “Gauß-Schmaus” beworben werden.

Falsche Seite

Gerne hätte ich heute einen Ruhetag in Regensburg gemacht. Der Wetterbericht kündigt aber für die kommenden Tage dauerhaften Regen an und so nutze ich das noch freundliche Wetter um bis Ingolstadt zu fahren.
Bis Kehlheim fahre ich auf dem offiziellen Donauradweg. Es sind viele Radfahrer / Radwanderer unterwegs. An den Rädern und an der Ausstattung wurde erkennbar nicht gespart.

Zu meinen Freunden gehören zunehmend Menschen die das Fahren mit Elektrorädern geniessen und Freunde sind wichtiger als Dogmen. So verzichte ich auf die Widergabe meiner lästerlichen Gedanken und beschränke mich auf eine Beobachtung: Als mich eine elegante Dame mit ihrem Pedelec lässig überholt fällt mir auf, daß sie eine warme Daunenweste trägt. (Mein T-Shirt ist schon wieder verschwitzt) Offenbar ist es auf dem Pedelec ein wenig zugig. Ein Aspekt, der bei der Diskussion um die gesundheitlichen Vorzüge der Elektroräder bedacht werden sollte.

Hinter Kehlheim bin ich allein auf dem Rad- und Wanderweg. Ich fahre auf der linken Flussseite. Alle anderen Radfahrer sind auf der rechten Flussseite und besuchen das Kloster Weltenburg vor der eindrucksvollen Weltenburger Enge. Meine Entscheidung für die linke Flussseite hat weitere Vorteile: ich bekomme zusätzliche Höhenmeter und fahre auf einem verschlammten Offroad Parcour.
Mit Ingolstadt verbinde ich regelmäßige und wenig besondere Erinnerungen: A8 und A3 Vergleichsfahrten, MNK-Seminar, PG-Neustadt, Flugplatz Manching, Besuch diverser Betriebe zur Altautoentsorgung, einige sehr nette besondere Menschen und einige wenig nette Menschen. Und seit einem halben Jahr weiß ich, daß man in Ingolstadt Fahrzeugtechnik studieren kann.

Fichtelgebirge und Naabtal

Gestern hatte ich im Fichtelgebirge nochmal viel Mühe über die größeren und kleineren Anstiege zu kommen. In Wunsiedel hatte ich gehofft die Wasserscheide zur Donau überwunden zu haben. Ich hatte mich zu früh gefreut und es fehlten noch einige Kilometer und weitere Höhenmeter bis ich endlich an der Fichtelnaab und dann an der Waldnaab entlangfahren konnte.Nach Übernachtung in Neustadt an der Waldnaab (Neustadt a.d.W.) geht es heute ohne wesentliche Anstiege abwärts durch das Tal der Naab in Richtung Donau. Kurz vor Regensburg wechsel ich noch für die letzten Kilometer in das Tal der Regen und erreiche die Donau als erstes Zwischenziel. Beim Anblick der Strömung zwischen den Brückenpfeilern der “Steinernen Brücke” in Regensburg frage ich mich, wie ich da jemals heil mit Novecento durchkommen soll.Das Radfahren in Bayern ist im Vergleich zu den vorher durchfahrenen Bundesländern sehr entspannt. Die Strassen und Radwege sind besser und die Versorgung unterwegs ist einfach. Gibt es “eine Brotzeit” auch außerhalb Bayerns?
Ich erinnere mich, wie ich als Schüler mit dem Rad durch Deutschland und zurück gefahren bin (siehe: Nachtrag 1978). Natürlich gibt es Unterschiede zu damals, mein Rad war gelb und nicht rot, DIN A5 Deutschlandkarte im DJH-Herbergsführer statt GPS… etc. An dieser Stelle können alte Männer sich stundenlang über Details auslassen und Heldengeschichten berichten. Vielleicht ist es schwieriger das Unveränderte zu beschreiben. Mir jedenfalls kommt es heute so vor, als habe sich ausser an Details wenig geändert. Das Radfahren in dieser Landschaft fühlt sich für mich so an wie vor 40 Jahren. Der Respekt vor den Anstiegen, der Geruch von den Kuhställen, die Konzentration auf den Schotterstrecken, die schmerzenden Hände, der schmerzende Hintern und dabei dauernd durstig und hungrig. Schöne Sache dieses!

Kleine Zwischenbilanz

Die Fahrt führt heute über Bad Lobenstein und Hof, grossräumig der Saale und dem Saale-Radweg stromauf folgend. Die Saale – in meiner Karte jetzt als “Sächsische Saale” eingetragen – ist noch immer der Fluss, den ich vor drei Tagen an der Mündung der Unstrut erreicht hatte.Die Vorstellung, man könne mit dem Rad immer nur dem Flusslauf stromauf folgen und man könne dadurch längere Klettereien vermeiden, stimmt nicht für den Oberlauf. Auf den knappen 70km kommen heute 1200 Höhenmeter zusammen. Die meiste Zeit des Tages verbringe bei frischem Landregen an langen Steigungen im 1. Gang. In dieser Situation überzeugt mein neues Merino-Shirt: obwohl nach kurzer Zeit durchnässt friere ich nicht auf den kurzen Abfahrten zwischen den Anstiegen.

Noch bin ich ca. 20km von dem Schnittpunkt der grossen Wasserscheiden zwischen Elbe, Rhein und Donau entfernt. Morgen vormittag werde ich voraussichtlich das Einzugsgebiet der Elbe verlassen und das Einzugsgebiet der Donau erreichen. Ab dann fliessen die Bächlein und Flüsschen in meiner Fahrtrichtung!

Inzwischen habe ich mich weiter an die Corona-Hygienemaßnahmen gewöhnt. In den Hotels/Pensionen wurden die Regeln bisher sehr ernsthaft befolgt und ich verpflege mich unterwegs fast immer draussen (Parkbank oder vor der Bäckerei / dem Restaurant). Vermutlich hilft auch mein aktuelles Aussehen (verschwitztes T-Shirt, lange Haare) die Mitmenschen auf gesunde Distanz zu halten.
Weil ich mir Zeit lassen und meine Umgebung bewußt wählen kann, erscheint mir das Infektionsrisiko im Moment geringer als bei einem Treffen der Agrorentner in einem Gifhorner Baumarkt.